Warum Übergewicht nicht nur uns Erwachsene betrifft

Haben Sie zu Jahresbeginn auch gute Vorsätze für Ihre Gesundheit gefasst? Zum Beispiel den Januar ohne Alkohol oder ohne Fleisch oder ohne Süßigkeiten zu verbringen? Und haben Sie sich daran gehalten? Der Januar ist ja nun bald vorbei, so dass Sie bald wieder mit dem Genuss loslegen können.

Oder haben Sie sich längerfristige Ziele gesetzt? Zum Beispiel regelmäßig Sport zu treiben? Und wie regelmäßig machen Sie das nun Ende Januar noch? Klar, es war ja auch kalt und es lag viel Schnee und es gab viele Gründe, den Sport doch wieder etwas schleifen zu lassen. Das ist menschlich und normal. Aber das ist eben leider nicht gesund. Betrachten wir doch erst einmal nur einen Punkt der Gesundheit. Das Übergewicht. Hierbei spreche ich nicht davon, dass wir alle wie die Magermodels auf den Laufstegen dieser Welt aussehen sollen. Ich spreche auch nicht von krankhaftem Übergewicht. Ich spreche vom Wohlstandsübergewicht durch schlechte Ernährung gepaart mit zu wenig Bewegung.

Reine Ästhetik?

Wussten Sie, dass in Deutschland etwa 50 % der Erwachsenen übergewichtig sind? Interessanterweise ist die Zahl bei den Männern höher, als bei den Frauen. Wenn man sich die Haupt-Zielgruppe der Diätbücher anschaut, dann denkt man ja eher, Übergewicht sei ein typisches Frauenproblem. Aber weit gefehlt. Etwa 62 % der Männer sind übergewichtig. Bei den Frauen sind es gerade einmal 47 %. Adipös, also fettleibig, sind etwa 25 % der Erwachsenen in Deutschland. Leider wird in der Gesellschaft und in den Medien Übergewicht aber vor allem als ästhetisches Problem angesehen. Dabei gibt es doch im Bereich der Ästhetik zum einen schon bei der Mode ganz andere Baustellen und zum anderen lässt sich über Geschmack nicht streiten. Da sollte es doch jedem selbst überlassen sein, was einem gefällt, so lange es keinem anderen schadet.

Das eigentliche Problem beim Übergewicht ist zwar allen bekannt, jedoch spricht da kaum jemand drüber. Übergewicht führt zu gravierenden gesundheitlichen Problemen. Bluthochdruck, Herzinfarkt, Diabetes, um nur ein paar zu nennen. Forscher, die über 25 Jahre die Folgen von Übergewicht in 195 Ländern untersucht haben gehen davon aus, dass weltweit jedes Jahr etwa 4 Millionen Menschen durch die Folgen von Übergewicht sterben. 1,6 Millionen davon waren noch nicht einmal fettleibig, sondern „nur“ übergewichtig.

Kein Problem nur von Erwachsenen

Aber aus welchen Gründen auch immer, ob Ästhetik oder Gesundheit, das Thema Übergewicht ist uns bei Erwachsenen bewusst und präsent. Dass dieses Thema aber auch unsere Kinder betrifft, das wird gerne verdrängt. Manche haben eben zum Beispiel Babybäckchen. Aber wenn das Kind dann bereits 8 Jahre alt ist, darf man diese Theorie durchaus auch anzweifeln. Auch die viel bemühte Veranlagung wird gerne überstrapaziert. Natürlich gibt es eine gewisse Veranlagung dazu, in wie weit der Körper Fettpolster anlegt oder nicht. Aber diese Veranlagung bewegt sich in der Regel in einem gewissen Rahmen.

Raten Sie doch einmal, wie viele Kinder in Deutschland bereits übergewichtig sind. Es sind bereits etwa 15 %! Und 9 % sind sogar fettleibig. Auch wenn wir damit in den Wohlstandsländern nicht am schlechtesten liegen, denn in Amerika sind bereits 15 % der Kinder adipös, so finde ich diese Zahl doch sehr beunruhigend. Zumal mittlerweile auch klar ist, dass ein Übergewicht aus der Kindheit meistens ins Erwachsenenalter mitgenommen und dort eher ausgebaut wird.

Kommen wir noch einmal auf eine direkte Folge von Übergewicht zu sprechen. Bluthochdruck. Wenn Sie die bisher genannten Zahlen noch nicht aufgeschreckt haben, dann habe ich vielleicht noch eine interessante Entwicklung für Sie. Wie hat sich denn der Bluthochdruck in den vergangenen Jahren bei unseren Kindern entwickelt?

Blutdruckentwicklung

Die KiGGS-Langzeitstudie des Robert Koch-Instituts hat hier festgestellt, dass der Bluthochdruck bei unseren Kindern seit den 90er Jahren plötzlich rasant ansteigt. Litten 1982 noch 1,5 % unserer Kinder an Bluthochdruck, so waren es 1993 bereits 2,9 %. Im Jahr 2015 lag dieser Wert allerdings bei beachtlichen 10,3 %.

Ernährung und Bewegung sind das A und O

Natürlich ist auch der Vorstoß der Regierung, Zucker, Fette und Salz in Fertiggerichten und Getränken zu senken ein sinnvoller Versuch, das Übergewicht zu bekämpfen. Nur alleine davon wird das Ganze wohl nichts werden. Das liegt unter anderem auch daran, dass es keine gesetzlichen Vorgaben geben soll, sondern nur Empfehlungen für und Selbstverpflichtungen von den Herstellern. Ob dies ausreicht darf wohl deutlich in Frage gestellt werden. Es ist einfach nicht konkret genug. Das heißt, auch hier sind wir als Eltern gefragt, unseren Kindern eine ausgewogene Ernährung anzubieten.

Auch für die Bewerbung von Lebensmitteln gibt es eine Strategie der Regierung. Nämlich die, „dass Produkte mit Kinderoptik keine ungünstigere Nährstoffzusammensetzung aufweisen sollen als solche, die sich nicht speziell an Kinder wenden“. Das Wort „sollen“ hebelt an dieser Stelle den ganzen Ansatz eigentlich schon wieder aus. Aber da dies auch erst ab 2025 gelten soll, also in 6 Jahren, brauchen wir unsere Hoffnungen jetzt sowieso noch nicht darauf zu setzen.

Der zweite wichtige Baustein, dem Übergewicht und Bluthochdruck entgegenzuwirken, ist die Bewegung. Nur, je später man damit beginnt, umso schwieriger wird das. Zum einen fällt einem Bewegung umso schwerer, je schwerer man selbst ist. Zum anderen müssen dann Gewohnheitsmuster durchbrochen werden. Dies ist für das Gewohnheitstier Mensch allerdings unglaublich schwierig. Experten wie Professor Dr. med. Elke Wühl, Oberärztin der Sektion Pädiatrische Nephrologie am Zentrum für Kinder und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg, sagen dazu: „Wenn die Kinder abnehmen und Sport treiben, normalisiert sich in der Regel auch der Blutdruck". Allerdings sollten Kinder dazu am besten täglich mindestens 60 Minuten Sport treiben und außerhalb der Schule maximal 2 Stunden sitzend verbringen, wie sie auf dem Symposium der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL® auf dem 123. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Mannheim sagte.

Und nun?

Was lernen wir nun daraus? Zum einen, dass wir unsere guten Vorsätze deutlich langfristiger angehen sollten, als mal eben schnell etwas abzunehmen und einen Monat auf etwas zu verzichten. Zum anderen, dass wir dabei auch ein Auge auf unsere Kinder haben sollten. Den Grundstein für ihre Gesundheit im Alter legen wir jetzt im Kindesalter bei ihnen. Wir müssen uns aber darum kümmern und etwas investieren. Wir müssen Zeit investieren, uns mit unserer und ihrer Ernährung auseinander zu setzen und wir müssen Zeit investieren, unsere Kinder beim Sport zu unterstützen und ihnen auch eine sportliche Lebensweise vorzuleben. Dazu gehört auch Selbstdisziplin. Aber es lohnt sich.

Nils Kowalczek (tinongo)